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GSK 1. Mannschaft

2. Bundesliga West 2014/2015

Bericht Runde 6

Godesberger SK I  SG Köln Porz I (1½ : 6½)

von Guntram Hainke
 




Erwartete Niederlage gegen Porz

Wann hat eine Amateur-Schachmannschaft schon einmal die Gelegenheit, gegen acht lebende Wikipedia-Einträge zu spielen? Für die erste Mannschaft des Godesberger SK war es am vergangenen Sonntag soweit, als sie zuhause gegen die SG Porz antrat, bei der der neunte lebende Wikipedia-Eintrag darüber wachte, dass der erweiterte alchemistische Traum, die Transmutation von Gold über Elo zu Mannschaftspunkten, auch gelinge. Dass die Gewinnchancen bei einem Spiel gegen die Porzer so hoch sind wie die Gewinnchancen bei Tetris, hatte in der vorherigen Runde der Aachener SV erfahren müssen, der mit dem Ergebnis Null zu Null mit Gürtel nach Hause geschickt wurde.

Als an diesem Tag nun der zweifache deutsche Meister Christopher Lutz als erster der Gästemannschaft ins Mehlemer Gemeindehaus kam und sich an Brett 6 setzte, war klar, dass selbst der Averell Dalton der Gäste an Brett 8 mehr Elo auf die Waage bringen würde als der Lucky Luke der Godesberger an Brett 1. Nun gut, der Zugpflicht musste trotz allem nachgekommen werden, und so begann der ungleiche Kampf.

Jens Lütke wählte gegen Erik van den Doel das Matovinsky-Gambit 1.e4 b6 2.d4 Lb7 3.Ld3 f5, was in etwa so risikoreich ist wie russisches Roulette mit einem einläufigen Schrotgewehr zu spielen. In Grecos Partiesammlung von 1619 findet sich bereits die weitere Zugfolge 4.exf5! Lxg2 5.Dh5+ g6 6.fxg6 Sf6? 7.gxh7+ Sxh5 8.Lg6#, doch auch nach dem gespielten 4.Sc3 fxe4 5.Sxe4 e6? 6.Dh5+ g6 7.De5 Dh4 8.Sf3 Dg4 9.0-0 war es bereits Zeit, leise Servus zu sagen.

Ein Brett weiter trafen Martin Upleger und Christopher Lutz nach ihrem letzten Duell Mitte der 80er Jahre zu B-Jugend-Zeiten erneut aufeinander. Der gewählte Torre-Angriff mündete in eine aus der Tartakower-Variante im abgelehnten Damengambit bekannten Mittelspielstellung, die Martin Upleger bereits letzte Saison auf dem Brett hatte und sich danach unbedingt noch einmal anschauen wollte, aber nicht dazu gekommen war. Dieses sonst nur aus Vokabeltests bekannte ungute Gefühl verflüchtigte sich aber bald, da nach einem schlechten Zug von Schwarz und einem guten Zug von Weiß das weiße Remis-Angebot aus der Position des Stärkeren dankend angenommen wurde.

Mit diesem halben Punkt war der Druck heraus, die verbleibenden Partien konnten für die Galerie gespielt werden. Leider gab es zunächst mehr etwas für das Gruselkabinett. Aleksandar Dranov hatte gegen Loek van Wely in den vergangenen Jahren zweimal remisiert, und auch dieses Mal sah es ganz danach aus, dass der weiße Eröffnungsvorteil das europäische Leitzinsniveau nicht übersteigen würde. In der Tat wäre nach der aktiven Verteidigung 19...Df5! das Unentschieden in greifbare Nähe gerückt, während es nach dem passiven 19...Kg7 schwer für Schwarz wurde. Nach dem weiteren Bauerneinsteller 25..Dd7? 26.Ld5: war dann die Niederlage abzusehen.

Es ging weiter in diesem Stil, den auch Dalí beim Illustrieren einer Kafka-Erzählung nach Rauchen einer von Bob Marleys Selbstgedrehten verwendet hätte.
Thomas Jackelen hatte im symmetrischen Englisch gegen Jan Timman zwei Tempi investiert, um das Läuferpaar zu erhalten, welche Schwarz dazu nutzte, eine harmonische Stellung zu erhalten. Mit ruhigem Spiel hätte Weiß um Vorteil kämpfen können, doch nach dem etwas voreiligen Öffnen der Stellung mit 21.d4 musste er sich eher Gedanken um den Ausgleich machen. Gedanken, die nach dem Bauerneinsteller 29.Tc5 Sf4: leider nicht mehr nötig waren.

Brett 4 Schmidt,B (2367) - Khenkin,I (2590) Stellung nach 31...d5

In dieser Partie hat der Vorteil schon mehrmals die Seiten gewechselt. Momentan dreht sich die Frage darum, ob Weiß die schwarzen Freibauern erfolgreich bekämpfen kann. 31.Lb4?! Im Nachhinein betrachtet wäre die Folge 32.Db5 Dxb5 33.Txb5 Td8 34.La5 Tg7 35.Tc2-/+ zäher gewesen. 32...De3? [Besser 32...Sf2+ 33.Kh2 De3-+ und im Vergleich zur Partie hat Schwarz ein wertvolles Tempo für den Angriff gewonnen] 33.Da5 Sxb4?! [Nun hätte Weiß nach dem besseren 33...Sf2+ 34.Txf2 Dxf2 zumindest die Parade 35.Dxd5+ Tf7 36.Tg1=+] 34.Dxb4 c3? [Besser 34...Td8=] 35.Dd4?? [Besser 35.Tc2+= mit der Idee 35...d4 36.Td1 Td8 37.Txc3] 35...Dxd2 0-1

Brett 8 Brandt,S (2100) - Rotstein,A (2497) Stellung nach 29.Sxg6

Nach spannendem Partieverlauf sollte der Großmeister Arkadi Rotstein gegen Spezialeinsatzkraft Sebastian Brandt, der eigens aus Zürich angereist war, mit z.B. 29...Ld3 das Remis forcieren, denn wegen der Drohung 30...Ta2:+ ist das Dauerschach nach 30.Se7+ Kf7 31.Dh5+ Kf8 32.Dh8+ erzwungen. Nach der Partiefortsetzung 29...Sf6? 30.Dh8+ Kf7 31.Dxa8 Kxg6 32.Dxa6 allerdings hat Weiß einfach eine Dame für zwei Figuren. Bekanntlich verlangt die FIDE ja für die Verleihung des Großmeistertitels neben den notwendigen Normen und der entsprechenden Elo auch einen Rhetorik-Seminarschein, der dem Schwarzen hier gute Dienste leistete, als er in der anschließenden Analyse etwas von einer schwarzen Festung erzählte. 32...Txb2 33.a3? Statt 33.ab3:+/- nach Bauern- und Figureneinstellern jetzt also auch noch ein übersehenes Matt in 2. 33...Ta2+ 34.Kb1 Ta1# 0-1

Zwei versöhnliche Ergebnisse gab es am Schluss zu vermelden. Heiko Mertens ließ sich von der Eröffnungsbehandlung von Wladimir Baklan, Theorietrainer der deutschen Nationalmannschaft, nicht beeindrucken und konnte im Sweschnikow-Sizilianer d6-d5 durchdrücken, ohne dauerhaft einen Bauern zu verlieren. In einer stark gespielten Partie verpasste er leider, den Druck mit dem Zwischenzug 29...Te8 weiter aufrechtzuerhalten und erlaubte seinem Gegner damit, ins Remis zu entwischen.

Guntram Hainke hatte es mit dem niederländischen Meister von 2013, Dimitri Reinderman, zu tun, dessen Haarfarbenrepertoire seinem breiten Eröffnungsrepertoire nur unwesentlich nachsteht. Die Laien staunten und die Fachmänner wunderten sich, welche Neuerung der Amateur dem Profi nach 16 Zügen in der verbesserten Tarrasch-Verteidigung präsentieren würde, da doch die Variante wie allgemein bekannt seit der berühmten Partie Polugajewski-Tal (Moskau 1969) nach den Zügen 16.d5! exd5 17.e5! Sc4 18.Df4 Sb2 19.Lxh7+! Kxh7 20.Sg5+ Kg6 21.h4!! als forciert verloren für Schwarz gilt. Aber offenbar waren die beiden Spieler die einzigen im Saale, die diese Partie nicht kannten, und nach den Zügen 16.h4 De7 entwickelte sich eine ganz andere Partie, die nach mancherlei positionellen und taktischen Verwicklungen in einem Damenendspiel mit schwarzem Mehrbauern endete, welches aber Schwarz postwendend zum Remis verdarb.

Mit dem Endergebnis von 1½ : 6½ waren beide Mannschaften zufrieden, was wohl Seltenheitswert genießt. In der nächsten Runde geht es nun gegen DJK Aachen, wo durchaus wieder mehr gepunktet werden darf.

Bericht von Guntram Hainke
 

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zuletzt geändert am 15. Februar 2015