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Nachdem wir im wichtigen Samstagskampf gegen Eppingen eine 3:5-Niederlage
kassierten, besannen wir uns am Sonntag eines Besseren und erreichten ein
äußerst respektables 4:4-Unentschieden gegen die favorisierten Tegernseer.
(Jan Sprenger, Godesberger SK)
Mit dem klar vorgegebenen Ziel, Punkte für den Klassenerhalt zu sammeln, brach
die Equipe des Godesberger SK letzten Freitag Richtung Eppingen auf. Im Prinzip
konnten wir unsere Stammbesetzung aufbieten, lediglich unser fünftes Brett
Dennis Breder fehlte aus beruflichen Gründen. Gemeinsam bastelten wir an der
Eröffnungsvorbereitung auf die beiden Partien des Wochenendes und führten
unseren Neuzugang, den Schweizer Großmeister Florian Jenni, in den Kreis der
Mannschaft ein. Am Samstag stiegen wir gegen Eppingen in unsere erste
Bundesliga-Saison seit drei Jahren ein – und es ging gleich gegen einen
direkten Abstiegskonkurrenten.
Der Kampf ließ sich ungünstig an. Ihr Autor (Jan Sprenger) verwechselte gegen Peter Acs in der Eröffnung die Züge und mußte danach trotz der weißen Steine um den Ausgleich kämpfen – Remis durch Zugwiederholung. Auch an den anderen Weißbrettern war kein Eröffnungsvorteil in Sicht, hingegen gerieten wir an Brett 2 (Evgeny Postny – Florian Jenni) und Brett 4 (Arik Braun – Christian Seel) bald in die Defensive. Florian stand etwas gedrückt und Christian hatte mit dem kreativen 1. d4 d5 2. c4 c5!?? zwar problemlos ausgeglichen, spürte aber die heraufziehende Gefahr nicht und fand sich nach wenigen Zügen in einem schwierigen Endspiel wieder. An Brett 6 (hier entkorkte Florian Grafl ebenfalls 1. d4 d5 2. c4 c5!??) und 8 hatten wir keine Schwierigkeiten. Im Großen und Ganzen blieb dies bis in die 4. Stunde hinein der Stand der Dinge. Es gab unspektakuläre Punkteteilungen an Brett 1 und 5 (Rustam Kasimdzhanov – Zoltan Gyimesi; Ferenc Langheinrich – Georg Meier), und die Lage unserer »Sorgenkinder« an 2 und 4 hatte sich keineswegs verbessert. Dafür drehten die letzten Bretter sich langsam zu unseren Gunsten: Thomas Jackelen hatte sich an Brett 7 gegen Christian Mann Vorteil erarbeitet, und Alexander Armbruster entwickelte nach ein paar sorglosen Zügen seines Gegners plötzlich gefährliche Initiative. Der Kampf war also noch offen, gegen uns sprach allerdings, daß wir an allen Brettern z.T. erhebliche Zeitnachteile aufwiesen.
Stand vor der Zeitnotphase:
SC Eppingen 1½ : 1½ Godesberger SK Gyimesi,Zoltan ½ : ½ Kasimdzhanov,Rustam Postny,Evgeny Jenni,Florian Acs,Peter ½ : ½ Sprenger,Jan Braun,Arik Seel,Christian Meier,Georg ½ : ½ Langheinrich,Ferenc Medvegy,Zoltan Grafl,Florian Mann,Christian Jackelen,Thomas Miltner,Arndt Armbruster,Alexander
Nun wurden die ersten vollen Punkte verteilt. Alexander Armbruster ließ in
starker Zeitnot zuerst einen taktischen Schlag aus, der ihm eine klar
vorteilhafte bis gewonnene Stellung beschert hätte, und ließ, immer noch in
Zeitnot, einen Einsteller folgen. Dieser entschied das Schicksal der Partie –
Punkt für Eppingen.
Miltner,Arndt (2400) - Armbruster,Alexander (2376)
Eppingen - Godesberg (Brett 8), 22.10.2005
21... c5? [Von 21...Sd2! hatte Alexander wegen 22.Lf4 Sxf3+ 23.Kf2 Abstand genommen, aber 23...Sxe1! (nicht 23...Dxf4? 24.Txe8!) 24.Lxg5 Sxc2 25.Da4 Sxa1 hätte Weiß mit kaum lösbaren Problemen konfrontiert. ] 22. Da4 Sd2 23. Kf2 Sxf1 24. Kxf1 Ld3+?! [Besser war 24...f6!? 25.Lh2 Txe1+ (25...Tde7 26. Dxe8 Txe8 27.Txe8 Kf7 28.Tae1 Se6 29.f4! Dh4 30.Tb8=) 26.Sxe1 Dd2 mit Initiative.] 25. Kg1 Nach f6?? 26. Lxf6! Txe1+ 27. Sxe1 hatte Miltner alle Probleme überstanden und brachte seinen Mehrbauern letztlich sicher nach Hause. 1-0
Im Prinzip war damit der Kampf bereits entschieden. Florian Jenni wurde seiner Zeitprobleme nicht mehr Herr und mußte mit nur wenigen Sekunden auf der Uhr aufgeben. Hingegen gelang es Florian Grafl, mit einem taktischen Trick eine Figur und bald darauf auch die Partie zu gewinnen – ein Punkt, der wenig nützte, da Christians Stellung an Brett 4 total verloren war. Zu allem Überfluß stellte Thomas auch noch seine vorteilhafte Stellung an Brett 7 ein und mußte plötzlich selbst ums Überleben kämpfen. Beim Zwischenstand von 3½:2½ für Eppingen besaßen wir also keine Chancen mehr zu punkten. Während Christian erwartungsgemäß verlor, passierten in Thomas’ Partie noch wundersame Dinge: Sein Gegner stellte seinen Mehrbauern ein und mußte sich auf einmal der agilen weißen Springer erwehren. Dies glückte ihm jedoch und nach fast sechs Stunden Spielzeit endete die Partie Remis – 5:3 für Eppingen. Eine Schlappe, die uns angesichts der Abstiegskonkurrenz noch lange verfolgen wird. Die Stimmung beim Abendessen war entsprechend gedrückt: Während die meisten lange Gesichter zogen, ärgerte sich Christian so sehr über seine mißglückte Partie, daß er seine Schachkarriere bereits an den Nagel hängen wollte… Trotzdem gab es am abendlichen Tisch mehr als eine Stimme, die den Blick nach vorne richtete: »Es gibt keinen Grund, wieso wir Tegernsee nicht schlagen sollten!«
SC Eppingen 5 : 3 Godesberger SK Gyimesi,Zoltan ½ : ½ Kasimdzhanov,Rustam Postny,Evgeny 1 : 0 Jenni,Florian Acs,Peter ½ : ½ Sprenger,Jan Braun,Arik 1 : 0 Seel,Christian Meier,Georg ½ : ½ Langheinrich,Ferenc Medvegy,Zoltan 0 : 1 Grafl,Florian Mann,Christian ½ : ½ Jackelen,Thomas Miltner,Arndt 1 : 0 Armbruster,Alexander
Nach einem guten Frühstück sieht die Welt bekanntlich ganz anders aus; und
so blickten wir mit unveränderter Aufstellung und voll Optimismus dem schweren
Kampf gegen den TV Tegernsee, der am Vortag Porz bezwungen hatte, entgegen. Ein
schnelles Remis gab es an Brett 1: Igor Khenkin hatte sich entschlossen, auf
Nummer Sicher zu gehen und Rustam Kasimdzhanovs Königsinder mit der
Abtauschvariante zu beantworten. Etwas später folgten Christian Seel und Klaus
Bischoff an Brett 4 nach. Die restlichen Partien wurden ausgekämpft: Während
sich die Lage an den Brettern 2, 3, 5 und 8 im Gleichgewicht befand, hatte
Florian Grafl an Brett 6 gegen seinen Trainer Stefan Kindermann einen sehr
verpflichtenden Aufbau gewählt. Gerald Hertneck und Thomas Jackelen spielten an
Brett 7 eine sehr komplizierte und unübersichtliche Partie, die aber nach
dynamischem Gleichgewicht aussah. Nach knapp vier Stunden gab es zwei weitere
Remisen: An Brett 2 endete die Partie zwischen Florian Jenni und Andrej Sokolov
in einer Zugwiederholung, und an Brett 3 konnte ich (Jan Sprenger)
zwischenzeitliche Nachteile gegen Zoltan Ribli ausgleichen und die Punkteteilung
sicherstellen.
Stand vor der Zeitnotphase:
Godesberger SK 2 : 2 TV Tegernsee Kasimdzhanov,Rustam ½ : ½ Khenkin,Igor Jenni,Florian ½ : ½ Sokolov,Andrej Sprenger,Jan ½ : ½ Ribli,Zoltan Seel,Christian ½ : ½ Bischoff,Klaus Langheinrich,Ferenc Boensch,Uwe Grafl,Florian Kindermann,Stefan Jackelen,Thomas Hertneck,Gerald Armbruster,Alexander Groß,David
Jetzt begann die »heiße Phase« der Zeitnot. Uwe Bönsch hatte an Brett 5 gegen Ferenc Langheinrich zunehmend den Faden verloren und befand sich sowohl auf dem Brett als auch auf der Uhr unter starkem Druck. Ferenc brachte sein Läuferpaar zur Geltung und setzte den weißen König schließlich matt. Dafür hatte Alexander an Brett 8 gegen David Groß eine Remischance ausgelassen und befand sich, nachdem sich der Rauch verzogen hatte, in einer hoffnungslosen Lage. Während Florian Grafl an Brett 6 ein schlechteres Endspiel verteidigte, blickte am Nachbarbrett niemand so richtig durch:
Hertneck,Gerald (2539) - Jackelen,Thomas (2458)
Godesberg - Tegernsee (Brett 7), 23.10.2005
1.e4 d5 2.exd5 Dxd5 3.Sc3 Da5 4.Lc4 Sf6 5.d4 Lg4 6.f3 Lh5 7.Sge2 Sc6 8.Ld2 0–0–0 9.Sb5 Db6 10.a4 Sxd4 11.Sbxd4 Txd4 12.Sxd4 Dxd4 13.De2 Dxb2 14.0–0 e6 15.Kh1 Ld6 16.c3 Lg6 17.a5 Dc2 18.g4 Se4 19.fxe4 Lxe4+ 20.Kg1 Lc5+ 21.Tf2 Lc6 22.Ld3 Db3 23.Lc4 Dc2 24.Le1 Dg6 25.Lb5 Ld5 26.Ld3 f5 27.Td1 Lc6 28.Kf1 Dh6
In dieser komplizierten Stellung geschah 29.Dxe6+ Dxe6 30.Lxf5 Lb5+ 31.Kg2 Lc6+ 32.Kh3 Te8 33.Te2 Dxf5 34.Txe8+ Lxe8 35.gxf5 Ld7 Hertneck wollte hier wahrscheinlich zuviel und marschierte mit 36.Kg4 g6 37.Kg5 Lxf5 38.Kh6 b6 39.axb6 cxb6 40.Kxh7
munter in den eigenen Untergang, denn es ist gar nicht klar, wie der schwarze a-Bauer gestoppt werden kann. So langsam realisierten auch wir Außenstehende, daß es nicht darum ging, ob Thomas die Partie halten könnte, sondern darum, ob er den vollen Punkt einfahren könnte. Voller Euphorie verfolgten wir den weiteren Partieverlauf: 40...a5 41.Td2 Kc7 42.Lf2 Kc6 43.Kg7 b5 44.h4 a4 45.Kf6 Lb1 46.Lxc5 Kxc5 47.Td1 [Es verliert 47.Tb2 Ld3 48.Td2 Kc4–+] 47...Lc2 48.Td2 Lf5? [48...Lb3! 49.Tg2 (49.Kxg6 a3 50.Tf2 a2 51.Tf1 Lc2+–+) 49...Kc4! (49...a3 50.Txg6 a2 51.Tg1 Lc2 52.Ta1 Lb1 53.h5 Kc4 54.h6 Kb3 55.Ke5 Kb2 56.Txa2+ Kxa2 57.Kd4=) 50.Txg6 a3 51.Tg1 Kxc3 52.h5 Lc2 hätte - vorbehaltlich genauerer Analysen - vermutlich gewonnen.] 49.h5 gxh5 50.Kxf5 Kc4 51.Tb2 ½–½
Schade für Thomas, dessen Vortrag in Eröffnung und Mittelspiel von Rustam mit hohem Lob bedacht wurde: »Er hat unglaublich stark gespielt, mindestens wie ein 2600er!« Damit waren alle Hoffnungen auf zwei Mannschaftspunkte zerstoben und wir wieder in die Defensive gedrängt: Alexander bekannte sich nach fünfeinhalb Stunden geschlagen und Florians Lage – schlechte Stellung, schlechte Zeit – war mittlerweile dramatisch. Sollte alle Mühe umsonst gewesen sein und der Kampf, der gerade noch so aussichtsreich stand, gar noch verloren gehen?
Grafl,Florian (2413) - Kindermann,Stefan (2546)
Godesberg - Tegernsee (Brett 6), 23.10.2005
Zu diesem Zeitpunkt hatten alle Godesberger bereits die Partie abgeschrieben -
alle mit Ausnahme eines verzweifelt kämpfenden Florian Grafl. Er probierte noch
52.Kf3!? und tatsächlich, es geschah 52...d3? [Eine
Gewinnfortsetzung bestand z.B. in 52...Tc3+ 53.Kg2 Lc6 54.Lf3 d3 nebst Tc2.] 53.Txd3!
Kxd3 54.Le2+ Kc3 55.Lxb5 Plötzlich ist der Gewinn schwer, vielleicht sogar
unmöglich geworden. 55...Ld4 56.Lg3 Kd2 57.La6! Ein mysteriöser
Läuferzug à la Nimzowitsch, dessen Sinn gleich klar werden wird. 57...Tc3+
58.Kg2 Tc2 59.Kf3 Tc3+ 60.Kg2 Ke3 Hat Schwarz jetzt nicht die weiße Festung
erstürmt? 61.Lf2+! Nein! 61...Kxe4 62.Lb7+
62...Kd3 [Die Pointe ist 62...Ke5 63.Lg3+] 63.La6+ Ke4 64.Lb7+ Kd3 65.La6+ Ke4 66.Lb7+ ½–½
Es stand 4:4, und Florian wurde verständlicherweise mit Glückwünschen überhäuft. Ein versöhnliches und leistungsgerechtes Ende eines spannenden Kampfes, in dem beide Mannschaften gute Chancen auf den Gesamtsieg besaßen.
Godesberger SK 4 : 4 TV Tegernsee Kasimdzhanov,Rustam ½ : ½ Khenkin,Igor Jenni,Florian ½ : ½ Sokolov,Andrej Sprenger,Jan ½ : ½ Ribli,Zoltan Seel,Christian ½ : ½ Bischoff,Klaus Langheinrich, Ferenc 1 : 0 Boensch,Uwe Grafl,Florian ½ : ½ Kindermann,Stefan Jackelen,Thomas ½ : ½ Hertneck,Gerald Armbruster,Alexander 0 : 1 Groß,David
Mit unserem Wochenende können wir nicht zufrieden sein, aber immerhin haben wir am Sonntag Charakter bewiesen und gegen Tegernsee für eine Überraschung gesorgt. Trotz mäßiger Punktausbeute gehen wir also mit gestärktem Selbstvertrauen in die schwere Dreifachrunde im November.
Jan Sprenger (Godesberger SK)
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zuletzt geändert am 25. Oktober 2005 |