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Liebe Schachfreunde,
letzten Sonntag waren wir beim SK Turm Euskirchen zu Gast. Allerdings bedeutete »zu Gast sein« in Euskirchen gemeinsam vor verschlossenem Spiellokal zu stehen. Erst glatte 50 Minuten später begann der Mannschaftskampf an einem anderen Spielort.
Aber die Stimmung blieb gut, obwohl es für beide Teams um viel ging. Genauer gesagt um den Aufstieg. Euskirchen hatte es in der Hand, den letzten großen Schritt Richtung Aufstieg zu machen, da sie gegen den dritten Kandidaten Siegburg den direkten Vergleich gewonnen hatten. Wir hingegen wollten gleichziehen und idealerweise mit 5,5 Punkten einen möglichen dreifach-Tiebreak mit Siegburg und Euskirchen für uns entscheiden.
Am ersten Brett packte ich eine alte Vorbereitung im Moellerangriff aus. Meine damaligen Analysen waren zwar wenig vertrauenerweckend, aber manchmal ist es am besten, auf eine Überraschung mit einer Überraschung zu reagieren.
Sebastians Gegner scheute in einer ungewöhnlichen Sweschnikow-Zugfolge vor der prinzipiellen Fortsetzung zurück und vergab damit seinen Anzugsvorteil.
Martin spulte eine lange Variante im Tarrasch-Franzosen herunter und erfreute sich an dem typischen besseren Läufer und der besseren Bauernstruktur.
An Brett vier laborierte Christof nach einem Fingerfehler in der Englischen Eröffnung an Bauernschwächen am Damenflügel.
Christian hatte schnell einen Bauern mehr, nur sein Königsflügel war etwas geschwächt.
Jan spielte gegen den soliden Torreangriff und opferte halb absichtlich einen Bauern um etwas Leben in die Bude zu bekommen.
Oleg hatte sich am siebten Brett etwas passiv mit e3 gegen den Leningrader Holländer aufgebaut.
Am letzten Brett spielte Gerd wie immer sein grundsolides Zeug.
Schnell entwickelte sich der Kampf zu unseren Gunsten. Ich stellte mich mit dem Läuferpaar und der Aussicht einen Bauern nach f6 vorzustoßen gegen ein, zwei Mehrbauern meines Gegners auf eine ausgeglichene und rasiermesserscharfe Partie ein, da verkündete mir mein Gegner, dass er aus Versehen einen Bauern berührt hatte, statt seine angegriffene Dame in Sicherheit zu bringen. Volle Punktzahl für Ehrlichkeit. 1:0 für uns.
Auch Martin konnte nur wenig später auf etwas subtilere Weise die Dame seines Gegners erobern. Ein Bauer und zwei Springer ließen urplötzlich der schwarzen Dame auf h6 keine Felder mehr. 2:0 für uns.
Inzwischen kämpfte allerdings Sebastian um Kompensation für den geopferten d6 und Christof konnte weder das materielle Gleichgewicht aufrechterhalten noch aktives Gegenspiel erlangen. Ein letzter Versuch doch noch auf akute Mattblindheit des Gegners zu spielen, wurde mit einem hübschen Figurenopfer unterbunden. Der a-Bauer war nicht aufzuhalten. 2:1
Christians Gegner hatte es versäumt am Königsflügel Gegenspiel aufzuziehen und sah sich einem d-Bauern gegenüber, der schnurstracks die Umwandlung anstrebte. Gegen Christians präzises taktisches Spiel ließ sich da auch nichts mehr unternehmen. 3:1
Da der Mehrbauer von Sebastians Gegner inzwischen gedeckt und frei war, Jan nicht mehr nur materiell sondern auch strategisch schlechter stand und auf den letzten beiden Brettern minimal bessere Endspiele für uns standen, sah kurz vor der Zeitnotphase alles nach einem 4:4 aus, was natürlich niemanden sonderlich glücklich gemacht hätte.
Vor den entsetzten Augen des Chronisten tauschte Gerd seinen leicht zu deckenden e6-Bauern gegen den schwachen d4, der noch dazu den schwarzfeldrigen Läufer des Gegners hemmte und verwandelte so ein Endspiel mit eingebauter Remisgarantie in ein etwas schlechteres Turm und Springer gegen Turm und Läufer- Endspiel.
Auch Oleg ließ sich vollkommen einschnüren, statt den schwachen e-Bauern seines Gegners zu behelligen.
Glücklicherweise nutzte Jan die Zeitnotphase um mit einem spekulativen Bauernopfer sein Läuferpaar zu aktivieren und eine überraschende Kombination später ergab sich eine ungewöhnliche Materialverteilung. Es stellte sich heraus, dass das Turmpaar und das Springerpaar sich dem Angriff von Turm und Dame nicht widersetzen konnten und nach der Zeitkontrolle gab Jans Gegner auf. 4:1
An den verbliebenen drei Bretten kämpften wir mehr oder weniger aussichtsreich ums Remis. Als Gerds Gegner einen Bauern einstellte und sich wenig später der Damenflügel komplett in Luft auflöste, war die Überlegenheit des Läufers dahin und der Mannschaftskampf zu unseren Gunsten entschieden. 4,5:1,5
Nun ging es nur noch um die 5,5 Punkte. Oleg führte weiter stoisch die wenigen Züge aus, die er noch machen konnte und wurde für seine Geduld belohnt, als sein Gegner nach langem planlosen Geschiebe einen Generalabtausch zuließ, der direkt in ein totremises Turmendspiel führte.
Sebastian hingegen hatte schon seit geraumer Zeit nur noch das Unvermeidliche hinausgeschoben. Irgendwann gingen die Schachs und Drohungen aus und der Traum von 5,5 Punkten war Geschichte. 5:3
Allerdings stellte sich heraus, dass Siegburg gepatzt hatte und ein dreifach-Tiebreak damit sehr unwahrscheinlich geworden ist. Damit haben wir also die Tabellenführung erobert und den Aufstieg selbst in der Hand. Da wir noch gegen Köln-Porz spielen ist das alles andere als ein Selbstläufer, aber wir werden natürlich mit aller Kraft versuchen diese Chance zu nutzen.
Ein Bericht von
Philipp Bongartz
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zuletzt geändert am 24. April 2012 |