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Liebe Schachfreunde,
im vorletzten Spiel der Saison hatten wir den TTC-GW Fritzdorf I zu Gast, seines Zeichens abgeschlagener Tabellenletzter und bereits vor der Begegnung ohne realistische Hoffnung, die Klasse zu halten. Nach dem Triumph im letzten Mannschaftskampf gegen Troisdorf schien es für uns dagegen ungleich viel schwieriger, unsere letzte Chance - die ohnehin eher theoretischer Natur war -, die Verbandsliga nach unten zu verlassen, am Leben zu erhalten. Nicht nur eigene Unfähigkeit, nein, auch freundliche Mithilfe der (anderen) Abstiegskandidaten wären vonnöten, und eventuell noch ein Mathematiker, der die Berechnungen für das notwendige Worst-Case-Szenario der verbleibenden direkten Vergleiche der Konkurrenz ausführt und veröffentlicht.
Und so schwebte ein anderes Worst-Case-Szenario, nämlich jenes, nächstes Jahr mit 3 Godesberger Mannschaften in der Verbandsliga zu spielen, drohend über unseren Köpfen und denen von GSK III, die im Nebenraum gegen Turm Euskirchen I und den Abstieg kämpften.
Da auf unserer Seite alle Neune einsatzbereit waren also eine einmalige Gelegenheit, eines unserer Spitzenbretter, Oleg Leontiev, diesen Sonntag ausschlafen zu lassen. Dank an Oleg für die freiwillige Pause, auch wenn sich ein Sieg gegen die ersatzgeschwächten Fritzdorfer heute dennoch nicht vermeiden ließ.
Nach einer kleinen Fotosession in und vor unserem schmucken Klubheim, deren Resultate sicher demnächst veröffentlicht werden, ging es dann gut gelaunt ans Werk.
Mit dem frischgebackenen Klubmeister Philipp Bongartz als Schwarzem und einem Black Knights´ Tango entstand an Brett 1 schon nach ein paar Zügen eine Stellung, die keinem der Kontrahenten bekannt war. Die ebenfalls nicht sehr bekannte, aber dennoch möglicherweise belegbare Theorie, dass öfter nicht als lang rochiert wird, fand hier keine Bestätigung, denn zunächst brachte Weiß seinen König am Damenflügel in Sicherheit und bald darauf auch Schwarz. An dieser Stelle wäre ein Gegenstoß im Zentrum allerdings die bessere Wahl und Ausgleich gewesen – so aber geriet der Nachziehende bald unter einigen Druck, besonders gegen seinen rückständigen f-Bauern, und konnte kaum mehr tun, als die kommenden weißen Pläne abzuwarten.
Mein (2) Gegner hatte eine Moderne Verteidigung gewählt, die er sauber behandelte, bis er mit dem verfrühten Vorstoß f7-f5 eine Ungenauigkeit beging, die im weiteren Verlauf zur Schließung des Zentrums führte und Weiß beträchtlichen Raumvorteil einräumte. Schwarz hatte essentiell nur die beiden letzten Reihen zur Verfügung um seine Figuren zu postieren, während Weiß sowohl einen Durchbruch am Damenflügel als auch in manchen Varianten einen Königsangriff mit g2-g4 drohte.
Unser Angriffsspieler par excellence Edgar Schmitz hatte ein Brett weiter eine harte Nuss zu knacken, wollte er an die gegnerische Stellung herankommen. Der weiße Aufbau mit e4, d3, c4 und dem Fianchetto des Königsläufers versetzte eventuellen Träumen von offenen Linien zunächst einen gehörigen Dämpfer. In einem Versuch, positionell zu spielen, tauschte Edgar seine beiden Läufer gegen das gegnerische Springerpaar und verblieb in der geschlossenen Stellung mit den leicht besseren Leichtfiguren. Hier stand der eigentliche Kampf aber noch bevor.
In einem Damengambit hatte auch Jan Kopp (4) seinem Gegner das Läuferpaar zugestanden und mit Dh5 einen Königsangriff gedroht. Es dauerte nicht lange und die Damen waren vom Brett verschwunden und so mancher hätte sich vielleicht Sorgen gemacht, doch nicht so Jan, der mit kräftigem Spiel am Königsflügel weiter Druck aufzubauen versuchte. Dabei passte er sorgfältig darauf auf, dass mögliche schwarze Figurenopfer für 3 Bauern keine ausreichende Kompensation lieferten.
Gerd Schniggenberg (5) sah sich derweil einem möglicherweise nicht übermäßig ambitionierten Gegner in einem Abtauschslawen gegenüber. Überflüssig zu erwähnen, dass Gerd selbst für diese Art von Stellung genügend Geduld und Ausdauer mitbringt und so machten wir uns hier keine größeren Sorgen.
Auch Damir Zupcevics (6) Stellung war nach Abtäuschen in der Eröffnung eher technischer Natur. Beiden Spielern blieben jeweils ein Springer- und ein Turmpaar, sowie gleich viele Bauern. Schwarz besaß etwas Druck am Königsflügel, aber daraus ernsthafte Gewinnchancen zu kreieren, war nicht leicht.
An Brett 7 hatte Gerd Moos auf die Verzögerung von d4 in einem Slawen mit dem Fianchetto des Königsläufers reagiert und angenehmes Spiel erhalten. Bald nahmen die schwarzen Drohungen erfreuliche Ausmaße an und Gerds Gegner sah keinen anderen Weg die Qualität zu retten, als gleich eine ganze Figur zu geben. Wie schon Fischer wird Gerd aufgrund ähnlicher Vorkommnisse in der letzten Zeit ein hypnotischer Blick nachgesagt.
Währenddessen hatte Christof Kögler (8) in einer Reti-Eröffnung e2-e4-e5 durchgesetzt und erwartet, dass sein junger Gegner daraufhin das Zentrum mit f6 anknabbern würde. Stattdessen rückte jedoch der g-Bauer ein Feld vor und da auch der schwarze e-Bauer schon auf der 6. Reihe und ein weißer Läufer auf b2 stand, konnte sich Christof für den Rest der Partie einer schwarzfeldrigen Dominanz erfreuen. Einer seiner Springer ließ es sich nicht nehmen, unmittelbar f6 anzusteuern.
Mittlerweile war auch Oleg frisch und ausgeruht im Spiellokal erschienen und begutachtete die Stellungen wohlwollend. Seinem zufriedenen Gesichtsausdruck nach machten wir unsere Sache gar nicht so schlecht.
Gerd S. steuerte seine Partie bald darauf ungefährdet in den Remishafen und sicherte uns mit Schwarz einen ersten halben Punkt, noch bevor Gerd M. seinen Gegner mit der Mehrfigur zur Aufgabe überreden konnte. 1,5:0,5.
Mein Gegner hatte in einem Versuch, in seiner unangenehm zu spielenden Stellung Gegenspiel zu bekommen, fast alle Figuren auf den Königsflügel transferiert. Bevor er dort jedoch konkrete Drohungen aufstellen konnte, fiel der schwarze Damenflügel auseinander und entscheidender Materialverlust ließ sich nicht vermeiden. 2,5:0,5.
Und auch Jan gab seinem Gegner das Nachsehen. Ein Fehler seitens des Nachziehenden reichte, um den vorstürmenden weißen Königsflügelbauern die Zerstörung der schwarzen Königsstellung zu ermöglichen. 3,5:0,5.
Angesichts des Spielstands und seiner eigenen Stellung sah Damir keinen Grund, nicht Remis zu machen. 4:1.
Umso mehr, als er gesehen hatte, dass sich Christof inzwischen eine Gewinnstellung erarbeitet hatte. Der schwarzfeldrige Läufer von Schwarz war gegen den einen weißen Springer auf f6 getauscht worden, aber wozu hat man noch einen? Genau. Und so landete schließlich ein schwarzer Turm auf f6 in einer Kreuzfesselung. Statt jedoch die Qualität zu erobern, gab Christof sehenswert seinen eigenen verbliebenen Turm, um unabwendbar Matt zu drohen. 5:1.
Philipps Gegner hatte derweil inspiriert – man könnte auch sagen ungeduldig – einen Bauern im Zentrum geopfert und den Druck weiter erhöht. Mit ein paar präzisen Zügen und Rückgabe des Bauern konnte Philipp aber das weiße Spiel neutralisieren und eine etwa ausgeglichene Stellung erreichen. Man einigte sich auf Remis. 5,5:1,5.
Blieb noch Edgar. In Zeitnot hatte er, da er fühlte, dass seine Figuren besser postiert waren, ein Remisangebot abgelehnt, war aber seinerseits in einen starken Angriff geraten. Nach der Zeitkontrolle war die schwarze Stellung mit dem offenen König und der abseits stehenden Dame objektiv wohl verloren. Edgar verteidigte sich jedoch erfindungsreich und der Angriff gegen seinen König wurde für ein für Weiß immer noch deutlich besseres Turmendspiel eingetauscht. Leider hatte die Verteidigung Edgar so viel Zeit gekostet, dass ihm für die Behandlung des Endspiels wiederum nur wenige Minuten zur Verfügung standen. Und so fehlte ihm, obwohl er zwischenzeitlich sogar eine Remisstellung aufs Brett gezaubert hatte, am Ende ein Tempo. Nach dieser großartigen Verteidigungsleistung hätte er ein Remis verdient gehabt!
Also 5,5:2,5. Damit ist der Verbleib in der Liga nicht mehr zu vermeiden. Doch auch das hat uns nicht davon abhalten können, hinterher den Sieg bei Pizza und alkoholfreiem Weizen angemessen zu feiern. Glücklicherweise hat übrigens GSK III ebenfalls gewinnen können und so wird es auch nächste Saison nur zwei Godesberger Mannschaften in der Verbandsliga geben ...
Zum Abschluss der Saison steht nun in zwei Wochen ein Auswärtsspiel bei den Maulwürfen auf dem Programm. Denen ist zwar der Abstieg nicht mehr zu nehmen, aber dennoch wird es hoffentlich noch mal eine heiße Kiste. Wir freuen uns drauf!
Ein Bericht von
Sebastian Brandt
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zuletzt geändert am 05. Mai 2010 |