Bei Eröffnung konnte man dann auch Mitglieder der Schachvereine aus Bonn und Umgebung zahlreich antreffen, aber natürlich hatten sich auch andere herbeilocken lassen; sei es, dass sie ebenfalls Liebhaber des »Königlichen Spiels« waren oder dass sie eben zu denen gehörten, die möglichst alle Ausstellungen im Haus der Geschichte zu besuchen pflegen. Jedenfalls war zu Beginn die Eingangshalle mit ca. 150 Besuchern gut gefüllt und mancher musste schon den Kopf hochrecken, um alles, was auf dem Podium geschah, mitzubekommen. Dort ging es auch schon mit einem konzentrierten, kurz gehaltenen Vortrag los, der sachkundig über die Vorarbeiten zu der Ausstellung informierte, dann aber gleich in das Programm einführte. Dieses startete mit einem Gespräch zwischen Großmeister Victor Kortchnoi und dem insbesondere den »Fritz-Programm«-Benutzern bekannten Kabarettisten Matthias Deutschmann: Leider verlief die Unterhaltung dann etwas mühselig. Kortchnoi zeigte sich bei mehreren ihm gestellten Fragen irritiert. Anscheinend hatte er mit einer anders akzentuierten Thematik gerechnet. Obwohl er sehr gut Deutsch sprach, war natürlich zu spüren, dass dies eben nicht seine Muttersprache ist. Es wurden unter anderem die längst vergangenen Dinge seiner imposanten Schachkarriere angesprochen, wobei deutlich wurde, dass sich immer wieder die Politik in sehr zweifelhafter Weise in das Schachleben eingemischt hatte (Kortchnoi wurde bekanntlich, seit er in den siebziger Jahren von einem Schachturnier in Holland nicht in die Sowjetunion zurückkehrte, von den Sowjet-Oberen viele Jahre lang verfemt). Natürlich war den Schachkennern Einiges bereits bekannt, trotzdem erfuhr sicherlich jeder Schachkenner die eine oder auch die andere Neuigkeit (gelegentlich in anekdotischer Form), die Kortchnoi dann zumeist in seiner ihm eigenen Art mit einer markanten Bewertung versah. Und so waren alle erfreut, den alten, vielerprobten Schach-Haudegen, der bekanntlich nach seiner Flucht Bürger der Schweiz geworden ist und der nun schon viele Jahre lang Bonn nicht mehr besucht hatte, im Rahmen dieser Ausstellung einmal leibhaftig erleben zu können. Anschließend kam nun das, worauf die Schach-Enthusiasten schon gewartet hatten: Der inzwischen 75-jährige, der jetzt gerade Senioren-Weltmeister geworden, hatte sich in zwei Blitzpartien zu einem zünftigen Duell zu stellen. Eigentlich sollte es ja ein Politiker sein - - Aber da sich offenbar von denen keiner getraut hatte (verständlich!), war es nun eben an dem Gesprächspartner, immerhin einem ehemaliger Bundesligaspieler, sein Glück zu versuchen. Während die Kontrahenten auf dem Podium spielten, wurden die Züge automatisch auf ein Demonstrationsbrett übertragen; ebenso der jeweilige Zeitverbrauch. Alle konnten also dem Ablauf gut folgen. Über den Ausgang konnte allerdings eigentlich kein Zweifel erlaubt sein. Umso überraschter war die Bonner Schach-Elite, als in beiden Partien nach einigen Hin und Her Kortchnoi in eine heikle, vielleicht sogar nachteilige Position geriet: Sollte es doch eine Überraschung geben? – Aber es genügte jedes Mal ein Blick auf die Anzeige des Zeitverbrauchs: Deutschmann hatte schon bald nur noch wenige Sekunden übrig. Kein Gedanke daran, Remis zu halten, geschweige denn irgendeinen eventuellen Vorteil zum Sieg zu verdichten! – Rückblickend hatte man dann eben doch den Eindruck, dass Kortchnoi, der nur wenig Zeit verbraucht hatte, durchaus die ganze Zeit Herr der Lage gewesen war. Jedenfalls hatte es für die Zuschauer zwei spannende Kampfpartien gegeben und die Kontrahenten wurden mit dem ihnen gebührende Applaus verabschiedet. Man verteilte sich nun. Die einen gingen sofort in die Ausstellung, die anderen bevorzugten vorerst das Gespräch bei einem Umtrunk. Einen Besuch der Ausstellung, die bis zum 11. 2. (Di – So; 9 – 19 Uhr) zu sehen ist, kann ich durchaus empfehlen. Im kleinen Seitenflügel des Museums sind ca. 400, sehr unterschiedliche Ausstellungsstücke zu besichtigen: Schachfiguren, Fotografien, Poster, Zeichnungen, Buch- und Zeitungsausschnitte und noch manches andere. Es gibt einen kleinen Vorführraum, in dem Filme zum Thema »Schach« vorgespielt werden. Der Zeit-Bogen ist weit gespannt. Er reicht von den Arabern und dem Mittelalter bis hin zum Missbrauch des Schachs von Diktaturen und weiter bis ins heutige Computer-Zeitalter. Aber was soll ich viel sagen? Geht hin und lasst euch überraschen! Jochen Lehmensick (Mitglied im Godesberger SK) |
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zuletzt geändert am 08. November 2006 |