GodesbergerSchachklub
  1929

Vereinsleben

Blick in die Vergangenheit von GM Dr. Robert Hübner

Als die Ausübung des Schachspiels in Deutschland einen beständigen Platz unter den geduldeten gesellschaftlichen Tätigkeiten erworben hatte, bildeten sich die Schachvereine als Keimzellen des Schachbetriebs heraus. In ihnen fand der junge, aufstrebende Spieler Gleichgesinnte, die ihm Anregung und Gelegenheit zur Übung gaben; Vereinsturniere und Mannschaftskämpfe sorgten für ständige Spielmöglichkeit. Auch wenn ein Spieler auf Grund seiner Erfolge Gegner außerhalb des Heimatgebietes zu suchen begann, blieb er oft seinem Ursprungsverein verbunden und suchte dessen Gedeihen zu fördern.[1] [Beispielhaft sei auf Carl Carls und die Bremer Schachgesellschaft hingewiesen, vgl. H. Keller, Zur Geschichte des Bremer Schachlebens in Die Jahrhundert-Meisterschaft im Schach, herausgegeben von C. D. Meyer und T. Schelz-Brandenburg (Bremen 2001), S.135-236. Zum Thema »Tradition und Wirkungsgeschichte eines Schachvereins« im allgemeinen siehe zum Beispiel J. Nickel, Der Flensburger Schachklub von 1876 im Spiegel der Zeit, Berlin 2010.]

Diese Entwicklung begann zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Vielleicht strebt die Erscheinung ihrem Ende zu. Die Mitgliederzahlen der Schachklubs schrumpfen; meist fehlt es an Nachwuchs. In den höheren Klassen haben die Mitglieder der Mannschaften oft keine Anbindung an den übrigen Spielbetrieb des Klubs, unter dessen Namen sie antreten. Es herrscht der Eindruck vor, dass der Rückgang des Klublebens nicht nur auf dem Gebiete des Schachs zu beobachten sei; ganz allgemein scheinen Vereine an Mitgliederschwund zu leiden. Anscheinend haben sich Vorstellungen und Wünsche betreffs sozialer Kontakte geändert.

Über mögliche Gründe dafür soll hier nicht spekuliert werden; zu unsicher ist die Bestandsaufnahme. Schon von jeher hatten die Schachklubs um ihr Bestehen zu kämpfen. Eine stete Sorge fast aller Schachvereine war und ist das Finden eines befriedigenden Vereinslokals; selbst habe ich die dauernden Verschiebungen der Unterkünfte von einem Ort zum anderen, zu denen die Vereine gezwungen sind, oft genug miterlebt. Meist suchte man Unterschlupf in den Veranstaltungsräumen von Gastwirtschaften – und dort waren die Schachspieler selten willkommene Gäste.[2] [Vgl. als Beispiel J. Nickel, Der Flensburger Schachklub von 1876 im Spiegel der Zeit, Berlin 2010, S.335-336 und S.548-549.]

Die Sache blieb stets dieselbe, doch nahmen die Schwierigkeiten zu anderen Zeiten andere Formen an. Ein einprägsames Beispiel aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges findet sich im Archiv des Godesberger Schachklubs, der 1929 gegründet wurde. Am 12. Juni 1943 schickte der damalige Vorsitzende des Vereins, Hans Sassnick, an den für den Schachbetrieb zuständigen »Kreiswart« folgendes Schreiben:

»Sehr geehrter Herr Schubach,
Ich muss Sie leider heute mit einer Klage behelligen. An unserem gestrigen Vereinsabend, an dem wir mit einem neuen Turnier beginnen wollten, wurden wir in das von uns gemietete Vereinszimmer im ‚Ratskeller’ nicht hineingelassen. Als ich den Wirt wegen der Gründe befragte, behauptete er, dass es sich um eine geheime Angelegenheit handele über die er nicht sprechen dürfe. Als ich trotzdem um eine Aufklärung bat, wurde er ausfällig und sagte, er wäre Herr im Hause und könne in seinem Lokal machen was er wolle, wenn es mir nicht passte, würde Schluss gemacht. Im weiteren Verlauf der Unterredung stellte er mir anheim, den Major, der den Raum beschlagnahmt habe, selbst zu fragen. Er glaubte wohl, dass ich mich dadurch abschrecken lassen würde. Da wir aber Spielgerät brauchten, ging ich hinauf und stellte zu meiner größten Überraschung fest, dass dort fünf Godesberger Bürger um eine große Bowle versammelt waren und außerdem noch Schnapsgläser neben sich stehen hatten, also von einer Beschlagnahme des Raumes durch Militär keine Rede sein konnte. Darüber zur Rede gestellt, wurde der Wirt erneut ausfällig, nachdem ich ihn darauf hingewiesen hatte, dass wir einen rechtlichen Anspruch auf die Benutzung des Raumes hätten und dass wir sein Verhalten unter diesen Umständen durchaus als ungehörig empfänden. Nach einiger Zeit kam er zurück und legte uns das inzwischen von seiner Hauswand abgeschraubte Vereinsschild nebst Schrauben auf den Tisch mit der Bemerkung, nun hätten wir ja wohl genug. Wir haben daraufhin das Lokal sofort verlassen.

[...] Selbst wenn der Wirt, wie von einigen Mitgliedern vermutet wurde, betrunken war (da er offensichtlich in dem Raum mitgezecht hat), muss er sich immerhin so weit benehmen können, dass er um 8 Uhr abends nicht schon vollständig die Direktion über sich selbst verliert. [...] Ich wäre Ihnen außerordentlich zu Dank verpflichtet, wenn Sie sich der Sache sofort annehmen und den Wirt zur Rechenschaft ziehen würden. [...]«


Zu solchen Entgleisungen führten die Spannungen der Kriegszeit. Eine Antwort auf dieses Schreiben liegt nicht vor. Die Sache dürfte in den Kriegswirren dem Vergessen anheimgefallen sein; die Menschen hatten schmerzlichere Sorgen zu bewältigen als die Behandlung einer unrechtmäßigen Verweigerung des Zugangs zum Vereinslokal.

* * *

Höchst bemerkenswert und erstaunlich ist der Eifer, mit dem man nach Kriegsende Schachveranstaltungen durchzuführen begann. Offenbar genoss man es in großem Maße, sich mit Anspannung und Konzentration einer schwierigen, aber unwichtigen Betätigung hingeben zu können, ohne von dauernder Todesdrohung umgeben zu sein. Da Bevormundung durch die besetzenden Mächte die unabhängige Lebensgestaltung noch erschwerte, steckte man die durch Wegfall von Angst wieder freigesetzten Kräfte ins Schachspielen. Ich nenne aufs Geratewohl einige der wichtigsten Turniere aus dieser Zeit: Augsburg 1946, Klaus-Junge-Gedenkturnier 1946, Essen 1947, Lüneburg 1947, Kirchheim (Teck) 1947, Kassel 1947, Hanau 1947, Mattison-Gedenkturnier 1947, Stuttgart 1947, Bad Nauheim 1948, Esslingen 1948, Oldenburg 1948 und 1949.[3] [Eine zusammenfassende Darstellung des Schachlebens in Deutschland zu dieser Zeit wäre von nicht geringem Reiz.]

Aber auch auf niedrigerer Ebene wurde fleißig organisiert und gespielt. Dabei gab es Schwierigkeiten zu überwinden, von denen man heutzutage keinerlei Vorstellung mehr hat. Um davon eine Ahnung zu vermitteln, soll einiges aus dem Briefwechsel wiedergegeben werden, den die Vertreter des Schachvereins Godesberg mit dem Verbandsleiter des Kölner Schachverbandes, Josef Berken, führten, als es darum ging, den Kongress des Verbandes 1946[4] [Als ich zu spielen begann, hieß dieser Verband »Mittelrhein«. Er dürfte aber damals noch nicht existiert haben; in den Schriftsätzen ist stets vom »Kölner Schachverband« die Rede.] durchzuführen.

Am 8. April 1946 schrieb der Vorsitzende des Godesberger Schachklubs, Hans Sassnick, an den Verbandsleiter unter anderem:

»Bezüglich eines Meisterturniers hat der Unterzeichnete vor Kurzem mit dem Bürgermeister von Bad Godesberg gesprochen, der die Angelegenheit noch im Laufe dieser Woche beim Kurausschuß vorbringen will. Wahrscheinlich dürfte das Zustandekommen an dem hohen Kostenbeitrag scheitern, während Unterbringung und Saalbeschaffung keine übermäßig großen Schwierigkeiten bieten dürften. Sie hören darüber im Laufe der Woche noch Näheres.«

Offenbar war zu jener Zeit ein Bürgermeister tatsächlich für die Bürger zugänglich.
Am 18. April schreibt Herr Sassnick an Josef Berken:

»Zurückkommend auf unser Schreiben vom 8. d. M. müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass die Stadtverwaltung unseren Antrag abgelehnt hat. In einer nochmaligen Besprechung zwischen dem Unterzeichneten und dem Bürgermeister wurde die Ablehnung damit begründet, dass ein neuerlicher Erlass des Oberpräsidenten mit Rücksicht auf die angespannte Finanzlage ausdrücklich eine Förderung solcher Veranstaltungen verbiete, die sich nicht selber tragen. Ein Zuschuss in irgendeiner Höhe sei daher nicht statthaft.
Auch mache die Lokalfrage und die der Unterbringung unüberwindliche Schwierigkeiten, da die Militär-Regierung noch vor wenigen Tagen einen Antrag auf Freigabe beschlagnahmter Hotels und Pensionen zu Logierzwecken nachdrücklichst abgelehnt habe. Die diesbezüglichen Unterlagen hat der Unterzeichnete eingesehen.
Unter diesen Umständen können wir Ihnen leider nur ein negatives Ergebnis melden, werden aber die Augen offenhalten und einhaken, wenn sich bei Besserung der Verhältnisse eine Möglichkeit dazu ergeben sollte.«

In seiner handschriftlichen Entgegnung vom 20. April 1946 machte Josef Berken einen neuen Vorschlag:

»Wenn Räumlichkeiten und Übernachtungsgelegenheit möglich gemacht werden können, dann denke ich jetzt noch an das Verbandsturnier (etwa 10-12 Spieler). Auch eine zugkräftige Angelegenheit und ohne geldlichen Zuschuss durchzuführen. Wie denken Sie darüber?«

Die Antwort von Herrn Sassnick vom 8. Mai enthielt unter anderem folgende Ausführungen:

»Wir kommen erst heute auf Ihr vorstehendes Schreiben zurück, weil wir auf die Klärung der von Ihnen aufgeworfenen Fragen, insonderheit hinsichtlich des Verbandsturnieres, eine Menge Zeit und Laufereien verwenden mussten. Wie wir Ihnen schon seinerzeit mitteilten, sind praktisch alle Hotels und Pensionen in Bad Godesberg beschlagnahmt, so dass die Beschaffung eines Spielraumes und die Unterbringung der Teilnehmer den größten Schwierigkeiten begegnet. Um die Unterbringung vorweg zu nehmen, so dürfte diesbezüglich einige Aussicht bestehen, wenn wir mindestens 14 Tage vorher über den Zeitpunkt des Wettkampfes Bescheid wissen. Das Wohnungsamt, welches uns einen Beamten einen ganzen Tag lang für die Suche zur Verfügung gestellt hat, wird dann gemeinsam mit uns die Frage schon regeln[5] [Zu jener Zeit arbeiteten die Behörden offenbar mit den Bürgern zusammen. Heutzutage scheint das Verhältnis meist das einer Gegnerschaft zu sein.]. Noch schwieriger ist die Raumfrage. Als letzten Ausweg haben wir daran gedacht, den zweiten Stock des Cafè Agner im Mittelpunkt der Stadt für diesen Zweck zu wählen. Das Cafè selbst ist polizeilich geschlossen, jedoch hat die Gewerbepolizei der Vermietung des Raumes für 14 Tage zugestimmt. Der Zutritt zu diesem Stock geht durch die Konditorei, in der zurzeit Brot-Verkauf betrieben wird, so dass etwaige Zuschauer ungehindert passieren können. Der Haken dabei ist nur, dass einige Wiederherstellungs- und Reinigungskosten entstehen werden, die mit etwa RM[6] [Reichsmark] 50.- bis RM 80.- zu beziffern sind. Auch müsste ein Mann gestellt werden, der die jetzt mit Pappe verkleideten großen Fenster freimacht und später wieder verkleidet, es sei denn, dass es uns mit Hilfe des Bürgermeisters und des Bauamtes gelingt, auch einiges Glas zu besorgen, so dass die Fensterfront wenigstens teilweise wieder ersetzt wird. Letztere Instandsetzung die ja dem Hause verbleibt, würde selbstverständlich der Inhaber selbst zahlen. Sonst wäre der Raum aber sehr praktisch für den beabsichtigten Zweck, so dass man diese Kosten anlegen sollte. Die Entscheidung liegt jetzt bei Ihnen. [...]«

Am 30. Mai 1946 schrieb Josef Berken in seinen energischen Schriftzügen:

»Für die Verbandsmeisterschaft in Godesberg (10 Teilnehmer) ist die Zeit vom 3. bis 11. August vorgesehen.«

In dem Mitteilungsblatt des Kölner Schachverbandes vom Juni 1946, das offenbar mit einer alterschwachen Schreibmaschine geschrieben ist, wird die Veranstaltung neben einigen anderen auf Seite 1 (von 2) angekündigt. Am 11. Juni meldet sich der Verbandsleiter wieder bei Herrn Sassnick:

»Im Zuge unserer mündlichen Besprechung am Montag erhalten Sie in der Anlage eine Programmaufstellung für die Godesberger Schachtage, die Sie gefl. einmal überprüfen wollen. Falls von dort aus die Drucklegung [...] gemacht werden kann, so darf ich Sie bitten, dieselbe zu übernehmen. Etwa 500 Programme. [...] Wie in früheren Turnieren üblich, habe ich die Begrüßung durch die Behörden auf Mittwoch verschoben. Ein Turnier in voller Fahrt zu sehen, ist werbetechnisch auch richtiger. Kann das Städtische Werbeamt für die Teilnehmer an einem der Spieltage nicht Karten freistellen für eine Theatervorstellung? An den Preis der Stadt Godesberg für den Sieger (es kann auch ein bescheidener Geldpreis sein) sowie die Erinnerungsgaben für alle Teilnehmer denken Sie doch? [...]«

Am 18. Juli 1946 schickt der Schriftführer des Godesberger Schachvereins, Josef Bungartz, dem Verbandsleiter einen ausführlichen Bericht über die Zurüstungen zu dem Turnier. Ich gebe daraus einige Auszüge:

»1. Das Programm wurde beim Drucker mit einer Lieferfrist zum 23. d. M. untergebracht. Wir ergänzen es durch folgende Veranstaltungen, die von unserem Klub ausgerichtet werden:
Montag, den 5. 8. 46 um 20.00 Uhr: Musikalische Feierstunde in der Redoute Bad Godesberg.
Samstag, den 10. 8. 46 um 20.00 Uhr: Freilichtaufführung im Redoutepark Bad Godesberg. [...] Godesberg hat kein ständiges Theater. [...]
4. Unterkunft: Die Bemühungen sind im Gange und werden höchstwahrscheinlich positiv verlaufen. [...]
5. Verpflegung: Der kritischste Punkt. Bis jetzt haben wir Zusage für 6 Personen, wenigstens so, dass Tische für sie reserviert werden. Wir hoffen, auch die weiteren 6[7] [Laut Schreiben vom 26.7.1946 (Bungartz an Berken) sollte das Meisterturnier tatsächlich 12 Teilnehmer umfassen.] landen zu können. Bitte machen Sie aber die Teilnehmer dringlichst darauf aufmerksam, dass Godesberg ein Hungerkurort ist und daß es daher notwendig ist, in weitestem Umfange Naturalien oder zusätzliche Marken mitzubringen, vor allem aber Kartoffeln, da sonst nicht auf Verwendung von Kartoffeln bei den Mahlzeiten zu rechnen ist. [...]
8. Plakatentwurf: [...] Für die Plakatierung in den Fernbahnen (Bonn-Mehlem und Bonn-Königswinter) sind etwa 40 Stück vorgesehen. Preis RM 80.50. Für Anschlag in Bonn 60 Stück. Preis RM 52.50 (an 50 Stellen für 10 Tage). Das Kleben in Godesberg würden wir selbst übernehmen. [...].«

Von einem solchen Grad der Bekanntmachung hätte man bei der Weltmeisterschaft in Bonn 2009 nur träumen können. Man muss sich vor Augen halten, dass die Betrachter von Plakaten damals nicht durch Reklame für mobile Telefone und Erotikmessen abgelenkt wurden, um zu ermessen, mit welcher Eindringlichkeit die Durchführung dieses kulturellen Ereignisses angekündigt werden sollte. Wegen der damit verbundenen Kosten sah man aber von der Anbringung der Plakate in den Straßenbahnen und auf den Anschlagsäulen in Bonn ab.
Die Essensfrage blieb das wichtigste Thema. Am 17. Juli 1946 äußerst sich der Verbandsleiter Josef Berken so:

»[...] Vielleicht überprüfen Sie noch einmal die Angelegenheit eines markenfreien Mittagessens (Eintopf oder Suppe) für die Teilnehmer. Es kämen etwa 80 Portionen insgesamt in Frage, die evtl. einer Gemeinschaftsverpflegung zu entnehmen wären, über die der Herr Bürgermeister eine etwaige Lösung finden könnte. [...]«

Am 21. Juli 1946 kommt er auf die Angelegenheit zurück und meint:

»Ich werde den Kölner Teilnehmern die kritische Ernährungslage noch mal ans Herz legen. Ob meine Ausführungen willig Ohr finden, bleibt dahingestellt. Vielleicht lassen sich die Marken im wöchentlichen Pauschale etwas verringern. [...]«

Darauf antwortet Herr Bungartz am 26. Juli 1946:

» [...] Im übrigen entnehmen wir aus Ihrem Schreiben, dass Sie sich über den Ernst der Verpflegungslage nicht bewusst sind. Die Ernährungslage in Godesberg ist derartig, dass selbst die Volksküche geschlossen wird, die ja nur für die Ärmsten der Armen bestimmt ist. Wir bitten bei dieser Gelegenheit nochmals dringend, die Teilnehmer auf unsere Ausführungen im Schreiben vom 18. d. M. nachdrücklichst aufmerksam zu machen. [...]«

Am 29. Juli endlich sendet Herr Bungartz die erlösende Nachricht an Josef Berken:

» [...] Zur Verpflegungsfrage der Teilnehmer können wir Ihnen die erfreuliche Mitteilung machen, dass die Stadtverwaltung Kartoffeln und Gemüse zur Verfügung gestellt hat. Wir bitten Sie, den einzelnen Teilnehmern mitzuteilen, dass sie Kartoffeln oder Kartoffelkarten nicht mitzubringen brauchen. Damit wäre nun endgültig die Hauptsorge der Verpflegung geklärt.
Ferner bitten wir den Teilnehmern folgendes mitzuteilen:
Die Teilnehmer, die am Samstagnachmittag hier eintreffen, wollen sich zwecks Entgegennahme der Quartierscheine bei unserem Mitglied Josef Grosse, Bahnhofstraße 18 (1 Minute von Haltestelle Straßenbahn und Staatsbahn) melden.
Die Teilnehmer, die am Sonntagvormittag hier eintreffen, wollen sich im Rathaussaal bei dem Unterzeichner melden.«

Die Durchführung des Turniers war unter Dach und Fach.[8] [Für Schachspiele und –uhren dürfte der Kölner Schachverband gesorgt haben. Noch am 18.4.1947 meldet der Godesberger Schachklub, dass er auf nicht mehr als drei Schachuhren und sechs vollständige Spielsätze Zugriff hat, die sich (teilweise) in Privatbesitz befinden.] Im »Mitteilungs-Blatt des Kölner Schachverbandes« vom Juli 1946, das erstmals von G. Kieninger herausgegeben wurde, steht auf der ersten Seite zu lesen:

»Achtung! Der Kölner Verbandskongreß findet in der Zeit vom 4.-11. August 1946 in Bad G o d e s b e r g statt. Gespielt wird täglich im Sitzungssaal des Rathauses. Alle Schachfreunde sind zu einem Besuch herzlich eingeladen (Bahnverbindung mit der Rheinuferbahn ist günstig, alle 30 Minuten ein Zug!).«

Das Blatt, das einen Umfang von sechs Seiten hat, enthält auch eine Partie aus dem Ausscheidungsturnier des Kölner Schachverbandes (Keller – Boese 1-0).

Aus der Ankündigung erhellt, dass die Vertreter der Stadt auch die Möglichkeit gefunden hatten, einen befriedigenden Spielsaal zur Verfügung zu stellen. Ihre allgemeine Bereitschaft zur Zusammenarbeit ist ebenso bemerkenswert wie ihr besonderer Wunsch, die Durchführung gerade dieser Kulturveranstaltung zu sichern.

Nun aber erlosch das Interesse der fleißigen Godesberger Schriftführer an dem Turnier, um dessen Ausrichtung sie sich so verdient gemacht hatten. Aus dem Briefwechsel geht hervor, dass G. Kieninger als Teilnehmer vorgesehen war, ferner Dr. Bordfeld als Vertreter Godesbergs. Von den übrigen Teilnehmern, von dem Verlauf und dem Endergebnis des Turniers, von den Partien findet sich in den Akten des Godesberger Schachklubs keine Spur.

G. Kieninger berichtet jedoch in seinem »Mitteilungsblatt« vom August 1946 über den Ausgang der Veranstaltung: 1. Kieninger 9 aus 9;[9] [Offenbar umfasste das Turnier schließlich doch nur zehn Spieler.] 2. J. Blum; 3. P. Siegel; 4.-5. Bergmann und P. Firmenich. Er veröffentlicht aus dem Turnier die Partie G. Kieninger – Schlömer, mit der er den Schönheitspreis gewann. Zufällig erhielt ich einiges Material zur Kölner Schachgeschichte. Dort fand ich auch das vollständige Ergebnis des Turniers in Godesberg 1946. Es lautet: 1. G. Kieninger 9; 2.-3. J. Blum, P. Siegel 7; 4.-5. P. Firmenich, Bergmann 5; 6. Jülich 3,5; 7. Dr. Bordfeld 2,5; 8.-10. Schüller, Höfel, Boie 2. Bei der in Kieningers Schachheft veröffentlichten Partie muss es sich also um die Partie G. Kieninger - Schüller handeln. Der Name ist aus anderen Veranstaltungen belegt.

Von der folgenden Kölner Verbandsmeisterschaft ist mehr bekannt. Sie fand 1947 in Bensberg statt; G. Kieninger gewann mit 9 Punkten aus 10 Partien vor M. Patalas 7.[10] [»Caissa« Nr. 22, 2. Oktoberheft 1947, S.10-11. Die Tabelle in der »Megabase« der Firma ChessBase ist unvollständig.]

Ob der alsbald einsetzende Rückgang der Veranstaltungsflut im Schach mit der Besserung der wirtschaftlichen Lage in Verbindung zu bringen ist, welche den Einsatz der Kräfte in anderen Lebensbereichen lohnend machte, oder etwa mit der Neugründung des Deutschen Schachbundes am 5. Februar 1950, der die Privatinitiative hemmte,[11] [Als ich im Jahre 1958 zu spielen begann, erfuhr ich den destruktiven Einfluss des Deutschen Schachbundes unter seinem damaligen Präsidenten Emil Dähne bald am eigenen Leibe.] wage ich nicht zu beurteilen.


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zuletzt geändert am 7. August 2012